Geschichte des Peutinger-Gymnasiums
Das Peutinger-Gymnasium blickt auf eine lange Geschichte zurück, die noch vor die Zeit seines Stifters, Ignatius Desiderius von Peutingen, reicht.
- 764 Abteigründung: Klosterschule im Mittelalter
- ab 1460: Lateinische Stiftsschule in der Priestergasse
- 1658 - 1802: Jesuitenschule in der Zeit der Fürstprobstei
- bis 1918: Königlich-Württembergisches Vollgymnasium
- bis 1938: Staatliches Gymnasium
- bis 1945: Oberschule für Jungen und Mädchen
- seit 1954: Peutinger-Gymnasium
- heute: Allgemeinbildendes Gymnasium mit sprachlichen und naturwissenschaftlichen Zügen
Kurzer Lebensabriss unseres Namensgebers und Stifters
- 12. März 1641: Ignatius Desiderius von Peutingen wird in Augsburg geboren. Er war ein Nachkomme des berühmten Humanisten Konrad Peutinger (1465-1547), dem die Nachwelt die Erhaltung der Tabula Peutingeriana verdankt.
- 1649-1669: Schon mit acht Jahren kam Ignatius Peutinger nach Rom. Der Aufenthalt in Rom dauerte volle 20 Jahre und war entscheidend für seine ganze Zukunft. Er wählte den geistlichen Stand. Er widmete sich neben philosophischen und theologischen Studien mit besonderem Eifer der Rechtswissenschaft. Nach dem Studium wurde ihm eine Stiftsherrnpfründe in Ellwangen übertragen. (am 9. November 1666).
- 1669: fand sich Peutinger in Ellwangen ein. Nunmehr wurde Ellwangen seine zweite Heimat. Ignatius Peutinger begnügte sich bis zu seinem Tode mit der Pfründe in Ellwangen, wo ihm wegen seiner großen Fähigkeiten und vortrefflichen Eigenschaften die Wege zu höheren Würden offen standen.
- 1677: wurde er vom Fürstpropst Johann Christoph Adelmann zum "Obersten Schulmeister", zum Scholastikus ernannt
- 1697: wurde er Stiftsdekan und gleich hernach auch zum Statthalter des Fürstpropstes Franz Ludwig von der Pfalz (1694-1732) ausersehen. Der Stiftsdekan war der erste Rat des Fürstpropstes und führte in dessen Abwesenheit die Regierung. Peutinger war für sein Doppelamt vorzüglich geeignet. Bekannt sind auch seine engen Beziehungen zu dem Jesuitenpater Philipp Jeningen (1642-1704). Ignatius Peutinger darf als der eigentliche Stifter des Ellwanger Jesuitenkollegiums bezeichnet werden.
- 1712: hatte er die Ellwangen Jesuiten zu Universalerben seines großen Vermögens im Werte von 97619 Gulden eingesetzt.
- 18. Okt. 1718: Der Stiftsdekan ist im hohen Alter von 77 Jahren gestorben. Das Grabdenkmal an der Nordwand der Liebfrauenkapelle zeigt das gut ausgeführte Brustbild des letzten Peutingers mit den edlen durchgeistigten Zügen.
Peutingers Lieblingswunsch ging bald nach seinem Tode in Erfüllung: In den Jahren 1720/22 wurde das prächtige Kollegiumsgebäude, 1722/23 das (frühere) Gymnasium und 1724/28 die Kollegiumskirche (heute evangelische Kirche) erbaut.
Große Verdienste um die Erforschung von Peutingens hat sich unser ehemaliger Schüler Prof. Dr. Hubert Wolf erworben. Der Leibniz-Preisträger gilt als der genaueste Kenner des Lebens unseres Schulstifters und hat zu dessen 300. Todestag einen Vortrag im Peutinger-Gymnasium gehalten.
Wir haben eine kleine Wappenkunde zum Wappen des Ignatius Desiderius von Peutingen bereitgestellt. Auch der Text der Stiftungsurkunde ist uns überliefert.
Wappen des Ignatius Desiderius von Peutingen
Das Wappen des Ellwanger Stiftsdekans und fürstpröpstlichen Statthalters Ignatius Desiderius von Peutingen, des letzten Sprosses aus dem Augsburger Patriziergeschlecht der Peutinger, ist in Ellwangen viermal erhalten:
- Wir finden es zusammen mit dem Porträt des Wappenträgers auf dem großartigen Grabmal des Verewigten an der Nordwand der Liebfrauenkapelle,
- in Holz geschnitzt am Hauptportal des nach ihm benannten Peutinger-Gymnasiums (alter Bau in der Stadt) und
- in Gips modelliert im damaligen Zeichensaal sowie
- an der Decke des schönen Treppenhauses.
Dort ist es zwar al fresco bemalt, später aber infolge Unkenntnis eines Restaurators verdorben worden, so daß wir das Wappen in Ellwangen in richtiger farbiger Darstellung nirgends erhalten haben. Infolgedessen mußten die Farben aus dem großen Siebmacher erkundet werden.
Und so können wir heute das Peutingerwappen blasonnieren, d.h. in der heraldischen Sprache "beschreiben".
Die Blasonnierung lautet wie folgt:
- Im blauen Schild ein mit drei silbernen Pilgermuscheln übereinander belegter roter Schrägrechtsbalken.
- Der gekrönte Spangenhelm mit blausilberner Decke trägt als Kleinod einen aus der Helmkrone wachsenden, bärtigen, blaugekleideten Mannsrumpf mit straußenfederbestecktem blauem Spitzhut, dessen rote Stulpe mit den drei silbernen Pilgermuscheln belegt ist.
Die Gründe, weshalb die Augsburger Peutinger gerade die Pilgermuschel als Schildfigur gewählt oder verliehen bekommen haben, lassen sich wohl nicht mehr ausmachen. Jedenfalls sind sie die Hauptfigur des Wappens, und damit sie als solche recht stark hervortreten und ihre Aufreihung "übereinander" rasch in die Augen springt, sind sie auf einen roten Schrägrechtsbalken aufgelegt. So wird der rote Balken, schon durch die flächefüllenden Muskeln ziemlich verdeckt, zur Nebenfigur.
Daß Blau und Silber die Hauptfarben des Peutinger-Wappens sind, erkennen wir auch an der blau-silbernen Helmdecke und an der silbernen Straußfeder, mit der der blaue Spitzhut besteckt ist und die ebenfalls dazu dient, das Silber als zweite Hauptfarbe darzutun. Zur Hervorhebung von aneinander oder übereinander aufgereihten Schildfiguren farbige Balken, auch Schrägbalken zu verwenden, ist nicht eben selten.
Im ganzen kann man sagen, daß das Peutinger-Wappen ein heraldisch interessantes und wegen seiner Farbenprächtigkeit schönes Wappen einer reichsstädtischen Patrizierfamilie darstellt.
(Nach einem Artikel von H. R. in der Ipf- und Jagst-Zeitung Nr. 68 vom 22. 3 1958.)
Stiftungsurkunde
Die Stiftungsurkunde ist uns in originaler Schreibweise überliefert:
"vom 23. September 1658
Demnach auf den Hochwürdigen Fürsten und Herrn, Herrn Johann Rudolph Probsten und Herrn zue Eilwangen etc bey der löbl. Societet JESV gethones Ansuchen daß dieselbe zue denen ohne daß allhier sich befindenden zweyen Patribus, noch zween andere hieher zue schickhen, verwilligen wolte, deren Einer die Fürstl. Beichtvattersstell, und ein anderer Unser Lieben Frauen Wallfahrt auf dem Schönenberg, wie bißher beschechen, nach Möglikheit wieter versechen, die übrige zween Patres aber die Jugendt von der Gramatic an, biß in die Rhetoric, beedes inklusive instruieren mechten, ein solches auch wolgedachte Societet, wiewohlen ohne ainige Convention und Obligation einer bestendigen Residenz pro Interim verwilliget. So lassen es Ihre Fürstl. Gnaden vor dißmal auch dero thalls dahin gestelt verbleiben, und thuen sich solchem nach hiemit, auf zuvor von dero Dechan und Capitul eingeholten Consens dahin erbiethen, daß Sye berüehrte vier Patres in deroselben alhinigen Stattvogtey accommodieren, Ihnen auch zu Haltung Ihres Gottsdiensts die gleich daran stoßendte Unser Lieben Frauen Capell in der Stüffs Kürchen Creuzgang, oder ein andere einzuraumen, und dan zue Ihrer der Patrum Underhaltung jährlich sechshundert Gulden an Gelt, in vier Quartal eingethailt, sampt der Nothurfft an Früchten, wie auch allwegen zur Fastenzeit etwaß an Vischen, und jährlich die Nothurfft an Brennholz ohne gedachter Herrn Patrum Cösten, verschaffen lassen wollen, ohne Gefehrde etc. Zue dessen Bestettigung und wahrer Urkhundt haben hochgedacht Ihr Fürstl. Gnaden dero Fürst, Secret hievortrucken lassen. so geschechen den 23 Monatstag Septembris Ao 1658."